Nachwuchs macht Köpfe mit Nägeln – MainEcho vom 11. Juni 2013

Kultburg-Kids: Premiere von »Das Gespenst von Wilmundsheim« – Bei sintflutartigem Regen in den Rittersaal verlegt

Alzenau  Obwohl das böse »Sch…«-Wort verboten ist, hätte Stefka Huelsz-Träger genau dieses am Sonntagvormittag gerne verwendet, denn die Premiere des Stücks »Das Gespenst von Wilmundsheim«, das die Kultburg-Kids im oberen Burghof aufführen wollten, musste bei sintflutartigem Regen in den Rittersaal verlegt werden. Also »Kultburg Indoor« statt »Kultburg Open«, wie Vorsitzender Roland Kilchenstein die Veranstaltungsreihe kurzerhand umbenannte.

Lang anhaltender Applaus

»Wir wissen nicht so richtig, wo wir herkommen und wo wir hingehen sollen«, beschrieb Huelsz-Träger, die gemeinsam mit Marianne Hofmann Regie führte, die Situation für das zehnköpfige Ensemble an ungewohnter Stelle. Doch alles klappte wie am Schnürchen, und am Ende gab es einen nicht enden wollenden Applaus von den Besuchern im voll besetzten Saal.

Marianne Hofmann hatte die Mühen nicht gescheut und den Kindern und Jugendlichen extra ein eigenes Stück geschrieben. Oscar Wildes »Das Gespenst von Canterville« war freie Grundlage für das Alzenauer Gespenst, das seit 400 Jahren auf der Burg haust. Der köstliche und Generationen übergreifende Theaterspaß kam beim Publikum mit seinem herrlichen Lokalkolorit hervorragend an.

Perfektes Vergnügen

Tolle Kostüme wie die des Clubs der lebenden Leichen (Stefka Huelsz-Träger) und die dazu passenden Masken (Dagmar Schudt) machten den Theaterspaß zu einem perfekten Sonntagsvergnügen, das das schlechte Wetter bald vergessen ließ.

Der Frankfurter Äbbelwoi-Beauftragte Herbert Boskoop möchte mit seiner Familie in die Burg Alzenau ziehen und dort mindestens bis Ende 2015 wohnen bleiben – »wegen der Kleinen Landesgartenschau«. Schnell ist »alles in Handkäs« und der Spuk schreckt die Neu-Alzenauer auch nicht ab. Man kommt schließlich aus Frankfurt, der Hauptstadt des Verbrechens.

Während die Zwillinge Kalli und Franzi auf das Kreuzburg-Gymnasium in Großkrotzenburg gehen sollen, darf Liesjen Boskoop das Spessart-Gymnasium in Alzenau besuchen. »Eure Schwester ist clever genug für ein bayerisches Abi«, lautete die viel belachte Begründung der Eltern.

Aus der Schulzeit des aktuellen Alzenauer Bürgermeisters hörte man die Information, dass dieser »viele schöne Stunden« auf der Äbbelwies, der traditionellen Feierwiese der SGAler, verbracht haben soll. Viel zu schmunzeln gab es auch, wenn die türkische Haushälterin Frau Ummit den Mund aufmachte. Sie hadert mit dem immer wiederkehrenden 400 Jahre alten Blutfleck: »Isch machen weg, kommt wieder Fleck!«

Beruhigungspillen fürs Gespenst

Mit dem Gespenst Walter von Wilmundsheim konnte man wirklich Mitleid bekommen, was das Publikum mit einer Runde tieftraurigem »Ohhhh« bestätigt. Nicht nur, dass seine neuen Mitbewohner gar keine Angst haben, sie schenken ihm Antikalk-Mittel und Beruhigungstabletten, um seine Spukstunden geräuscharmer zu gestalten. Von den Zwillingen, die als Ghostbuster auftreten, wird er gnadenlos mit Softbällen abgeballert. Da ist der Club der lebendigen Leichen gefordert: »Wir müssen Köpfe mit Nägeln machen!« Die Geistertruppe mit der süßen Zweitklässerin Jacqueline Lohr als Ludovica von der Scheurebe ist schaurig-schön anzusehen und rät ihrem Kollegen: »Walter, du musst dich mehr ins Zeug legen, sonst bleibst du auf der Streckbank!«.

Wie das Stück ausgeht, wird hier natürlich nicht verraten. Nur so viel: Die einstündige Aufführung vergeht wie im Flug und lohnt sich definitiv. Die zehn Kultburg-Kids agieren auf der Bühne mit Selbstbewusstsein und enormer Umsicht. Hier wächst definitiv ganz starkes Nachwuchspotenzial für den Theaterverein heran. Doris Huh

Doris Huhn

»Das Gespenst von Wilmundsheim« – weitere Vorstellungen, jeweils im oberen Burghof:
Samstag, 22. Juni, 15 Uhr
Sonntag, 23. Juni, 11 Uhr.
Eintrittskarten zu fünf Euro gibt es im Vorverkauf (Tageskassen: sieben Euro) im städtischen Verkehrsamt Alzenau, Tel. 0 60 23 / 50 21 1.