Benefizkonzert mit »Vogelfrey« (weitere Projekte)- MainEcho vom 31. Januar 2005

Bunte Impressionen wie auf einem Basar

»kultBurG« hatte zu Benefizkonzert mit »Vogelfrey und unvuortzaget« eingeladen

Alzenau. Allerlei mittelalterliches Tamtam lockte am Samstagabend zahlreiche Besucher in den Rittersaal der Alzenauer Burg. Dort hatte der Theaterverein kultBurG zu einem Benefizkonzert der Mittelaltergruppe »Vogelfrey und unvuortzaget« zu Gunsten der Flutopfer in Südasien eingeladen.

Die für heutige Ohren fremdartigen Klänge sowie die mitreißenden Rhythmen der mittelalterlichen Chansons und Tänze, mit der die Gruppe ihr Publikum in einen einzigartigen Klangrausch versetzte, erinnerten entfernt an einen Gang über einen orientalischen Basar, der durch seine Vielzahl bunter Impressionen bleibende Eindrücke bei dessen Besucher hinterläßt.

 

In eine vergangene Welt entrückt

Ein durchdringender meditativer Orgelpunkt des Monochords, dazu der helle gläserne Klang des Hackbretts und schließlich Gittarrenklänge eröffneten den »Hoboeckentanz« des deutschen Renaissance-Troubadours Tilman Susato und entrückten die Zuhörer in eine andere längst vergangene Welt.

Vom ersten Ton an zogen die sieben Musiker das Publikum in den Bann ihrer Musik. Ferner boten sie »Drei Ronden« sowie einen »Schäfertanz: Dont vient cela« des bekannten Renaissance-Sängers dar. Letzterer war besonders wirkungsvoll, da Hackbrett und Geigenpizzicato einen klar akzentuierten Kontrast zum melodiösen und sanften Spiel der Cornamusen bildeten.

Mit bestechend klaren Timbre und sonorigem Bariton sangen Heike Däsch und Frowin Hafner »Eiris sazun idisi« aus den »Merseburger Zaubersprüchen«, eine hochmittelalterliche Beschwörungsformel, mit der durch die Kraft der Idisen (Walküren) das feindliche Heer behindert und gefangene Krieger befreit werden sollten. Dabei beeindruckte auch die kunstvolle perkussionistische Ausgestaltung des Versmaßes durch Walter Schmuck, das einen fortwährenden Daktylus beschrieb.

Kompotition von Richard Löwenerz

Um Gefangenschaft ging es auch im Lied »Ja nuis homs pris«, die einzige überlieferte Komposition von Richard Löwenherz, die dieser während seiner einjährigen Gefangenschaft verfasst haben soll. Der getragene sehr melodiöse Ductus der Streicher, der schnarrende Ton der Krummhörner sowie der langsame Tempus inperfectus zeugten von der Melancholie des gefangenen Königs. Den zweiten Teil schließlich dominierte Flötenspiel, und ein flottes Dreier-Metrum lässt die Hoffnung auf baldige Befreiung und Rückkehr in die Heimat erahnen. Aus der Zeit des Frühbarock stammte das Leipziger Studentenlied »Alle meine Lebetag«, das wohl eine Huldigung an die weltlichen Freuden darstellt. Laute Trommelschläge und muntere Fidelei, dazu der kastagniettenartige Klang der Holzlöffel und frischer kräftiger Gesang brachten den lebensbejahenden Charakter des Stückes gut zum Ausdruck. Ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert stammte der »Reigen« von Henry Purcell, dessen frühe Kontrapunktik die Streicher gut zum Ausdruck brachten.

Ganz im historischen Stil kamen auch die Eigenkompositionen der Gruppe daher, so etwa die »Pfeifferey« von Walter Ottenbreit-Stoß, bei welcher der spitze Klang der Garklein-Flöte für den fröhlichen Klangcharakter sorgte. Eine Drehleier kam bei »Mier son widder doh« von Norbert Erben zum Einsatz. Verstärkt wurde die stetig mitschwingende Bordungquinte der Drehleier durch langanhaltende Orgelpunkte im Cello. Über dem schnarrenden Bordun baute sich eine verspielter Flöten-Cantus auf. Ebenso verspielt und nicht minder virtuos brachte Vogelfrey »Den buckligen Pfeifer«, eine traditionelle Legende über einen Frankfurter Stadtpfeifer zu Gehör. Die Begeisterung der sieben Musiker schwappte dabei auf die Zuhörer über.

Voll Schwere erklang dagegen »Ouwe« von Walther von der Vogelweide, in welchem der in die Tage gekommene Sänger die Sinnfrage für sein vergangenes Leben stellt. Frowin Hafner brachte die bedrückende schwermütige Atmosphäre durch seinen Gesang gut zum Ausdruck. Nach dieser bunten Fahrt durch die Klangwelt des Mittelalters und der Renaissance entließ »Vogelfrey und unvuortzaget« sein Publikum schließlich mit dem festlichen »Bagatelli« von Frowin Hafner aus dem Konzert. Als Zugabe improvisierte die Gruppe moderne Stücke von den »Rolling Stones« , die sie im alten Stil arrangiert und vertont hatte.

Thailändisches Essen in der Pause

In der Pause versorgten Vally Bauer und Sudjai Tschirschnitz die Konzertbesucher mit thailändischen Köstlichkeiten. Der starke Andrang am selbst bereiteten All-you-can-eat-Buffet bezeugte die Kochkunst der beiden Köchinnen. Die Einnahmen aus dem Buffet kamen – wie die Spenden der Konzertbesucher – der Flutopferhilfe zugute.

Jürgen Wahl