Literarische Ausflüge in die Liebeswelt – MainEcho vom 03. März 2012

Kabarettistische Lesung: Hörbuchsprecher Sven Görtz gastiert in Dörsthof-Weingut – Veranstaltung des kultBurG-Vereins

Alzenau-Michelbach Einen vergnüglichen literarischen Abend erlebten die rund 50 Besucher der kabarettistischen Lesung »Liebe ist eine besondere Form von Geisteskrankheit« mit Sven Görtz am Donnerstagabend im Weingut Simon auf den Dörsthöfen.

Der 45-jährige Hörbuchsprecher – er ist unter anderem die deutsche Stimme des Bestseller-Autors Paulo Coelho und wurde für seine Vertonung von Dylan Thomas’ »Under Milk Wood« ausgezeichnet – nahm sich des Themas Liebe in all seinen Facetten an. Görtz las Passagen aus seinem 2010 erschienenen satirischen Buch »Liebe ist eine besondere Form der Geisteskrankheit«, in dem er sich ironisch-humorvoll etwa mit der richtigen Ortswahl für das erste Date beschäftigt. Die Sauna sei dafür nur bedingt zu empfehlen, denn dann sehe man sofort, »was sich beim anderen alles so wölbt, bläht und stülpt«.

Goethe-Parodie

Die vom Alzenauer Theaterverein Kultburg veranstaltete Lesung bestand jedoch nicht nur aus Görtz’ eigenen Texten: Neben Ovid ließ der versierte Sprecher und Stimmenimitator auch den Dichterfürsten Goethe wiederauferstehen und zu Wort kommen. Nach seiner Meinung zu Frauen befragt, gab Görtz als in breitem hessisch parlierender Goethe an, Frauen seien »silberne Schalen, in die wir goldene Äpfel legen« – eine kryptische Aussage, die der Dichter einst wirklich tätigte und auf die Sven Görtz zufällig im Laufe seines Germanistik-Studiums gestoßen war.

Das Publikum zeigt sich begeistert von seinen originellen Parodien und der Textauswahl, die nicht nur altbekannte Weisheiten zum Thema Liebe zu Tage fördert, sondern zum Teil echte Perlen der Literatur, die heutzutage kaum noch bekannt sind, darunter etwa eine Novelle aus dem »Decamerone«, dem Hauptwerk des italienischen Renaissance-Dichters Giovanni Boccaccio. Die derb-schlüpfrige Geschichte um einen vermeintlich taubstummen Mann, der von liebestollen Nonnen zu permanenten erotischen Diensten genötigt wird, sorgte für große Heiterkeit bei den Besuchern.

Ein Höhepunkt des Abends war auch Sven Görtz’ einfühlsame Vertonung eines Gedichts von Francois Villon, des bedeutendsten französischen Dichters des späten Mittelalters. Sich selbst an der Gitarre begleitend, sang Görtz »Ich hab mich in dein rotes Haar verliebt« und schaffte es, für einige Minuten als faszinierende Symbiose zwischen mittelalterlichem Minnesänger und modernem Liedermacher zu erscheinen.

Der Titel des Programms übrigens stammt vom amerikanischen Schriftsteller Ambrose Bierce, erzählte Görtz: »Der notierte nämlich, Liebe sei eine besondere Form von Geisteskrankheit, um dann noch hinzuzufügen: ›Die jedoch durch Heirat vollkommen geheilt werden kann‹.

Susanne Hasenstab

Internet: www.svengoertz.de