»Der Mensch muss denken« – Main Echo vom 29. Juni 2009

Burgfestspiele: Theaterverein Kultburg zeigt Georg Büchners Komödie “Leonce und Lena” in Alzenau

Alzenau “Ei, ei” und “ooojeeee” klingt es abgrundtief traurig und in einem melancholischen Kanon über die Bühne vor der Alzenauer Burg. Es wird Trübsal geblasen am Hof von König Peter, und das als Dauerzustand.

Mit dieser witzigen Szene beginnt die Inszenierung des Alzenauer Theatervereins Kultburg unter der Regie von Josef Pömmerl für die Burgfestspiele. Georg Büchners Komödie “Leonce und Lena” hat die Truppe einstudiert. Wer sich auf eine leichte Sommerkomödie eingestellt hatte, sah sich allerdings getäuscht. Büchners sozialkritisches Märchen setzt auf feine Wortspiele, weniger auf befreiendes Lachen.

 

Nichtsdestotrotz beeindruckt das glänzende Spiel der Truppe, die man kaum mehr als Laientheatergruppe bezeichnen kann. Selbstbewusstes Agieren, lautes, verständliches Reden, Singen vor vollen Zuschauerreihen – all das beherrschen die rund 20 Kultburgler aus dem Effeff. Allen voran gefällt Heiko Bozem in der Rolle des Leonce, der trotz Handverletzung vollen Einsatz zeigt.

Er spielt den Lebenshaderer und Heiratsmuffel aus Überzeugung. “Was tun die Menschen nicht alles aus Langeweile?”, fragt der unterbeschäftigte Prinz. “Sie gehen ins Theater, sie lieben und sie sterben sogar aus Langeweile.” Sogar seine Geliebte Rosetta (Carolin Gündling) langweilt ihn dermaßen, dass er beschließt, sie gedanklich sterben zu lassen.

Das Pendant zu Leonce ist der leichtlebige Valerio (klasse: Jens Schneider), dessen Beschäftigung es ist, “müßig zu sein”. Doch er nimmt die Aufgabe mit Optimismus und Leidenschaft, mit Stolz und Euphorie. “Ich bin noch Jungfrau”, erzählt er mit strahlendem Lächeln und ergänzt: “in der Arbeit”.

König Peter (Harald Gelowicz) ist eine Karikatur eines Regenten. Dass er in Filzlatschen und Schlafanzug erscheint, ist nur logisch. Er verkündet Weisheiten wie: “Der Mensch muss denken, und ich muss für meine Untertanen denken, denn sie denken nicht!” Ebenso wie Leonce hasst es Lena (Anna Iaquinta), dass sie gegen ihren Willen verheiratet werden soll. Beide flüchten nach Italien, wo sie sich zufällig begegnen und verlieben.

Während der erste, fast 90-minütige Teil stellenweise zu lang konzipiert ist, unterhält der zweite Abschnitt famos. Bereits das Bühnenbild nach der Pause mit einer Sammlung von unterschiedlichen Stehlampen, die in der Dämmerung für Stimmung sorgen, ist eine Besonderheit.

Die Ereignisse werden gestrafft auf die Bühne gebracht und alles kommt anders als man es von einer Komödie gewohnt ist. Doch so soll Theater ja auch sein – unterhaltend und überraschend.

Doris Huhn