Was e Bescherung – MainEcho vom 15. Dezember 2003

»Was e’Bescherung«

Diese Bescherung kam vielen bekannt vor
Alzenaus Theaterverein »kultBurG« bot ein Weihnachtsspiel der etwas anderen Art

Alzenau. Erna, der Baum nadelt! Was tun, was tun? Keiner wusste Rat bei der »kultBurG«, Alzenaus Theaterverein. Und dann hörte der Baum plötzlich einfach wieder auf zu nadeln. Mit dieser und anderen kleinen Geschichten zeigte die Theatergruppe am Wochenende Weihnachten auf etwas andere Art. Ein Medley heiterer, skurriler und manchmal fast schon nachdenklicher Stücke rund um das doch eigentlich besinnliche Weihnachtsfest und die ach so schöne Adventszeit hatte die »kultBurG9 unter dem verräterischen Titel »Was e Bescherung!« zusammengestellt.

 

Den Ausruf des Entsetzens hörten am Wochenende zahlreiche Zuschauer, alle drei Vorstellungen waren nahezu ausverkauft. Die 25 Laienschauspieler legten unter der Regie von Josef Pömmerl ihr weihnachtliches Herzblut in die Gedichte und Einakter, herrlich komisch und oft mitten aus dem eigenen Leben gegriffen. Sie zeigten bekannte Szenen wie Plätzchen backen, Nikolausbesuch oder Baum aufstellen von einer ungewöhnlichen, aber irgendwie doch nicht ganz so unbekannten Seite.

Nur stellt man das doch eigentlich Harmonie fördernde Fest für gewöhnlich nicht so erfrischend direkt und respektlos dar. Zum Glück gibt es Theater. Dazu schwäbelte, sächselte und hesselte es ganz unheilig auf der Bühne. Nein, beschauliche und romantische Weihnachtsgeschichten gab es wahrlich nicht zu sehen, es durfte herzlich gelacht werden. Gedichte von Heinz Ehrhart und Erich Kästner passen immer in einen Abend, bei dem sich der Zuschauer der manchmal schon grotesken Züge moderner Weihnacht bewusst werden soll. Und welche Eltern fürchten nicht wie in der Geschichte von Robert Gernhardt einen studentischen Weihnachtsmann, der nicht nur die braven Kinder auf die Schnelle zu kleinen Revolutionären erziehen will, sondern auch noch Knecht Ruprecht, das Christkind und den Nikolaus zum Gelage mit den kalten Platten einlädt wo die doch für die Gäste bestimmt sind!

Am herrlichsten waren aber Stücke, die nicht ein Karl Valentin, Erich Kästner oder gar das anonyme Internet vorgegeben hatte, sondern die von den Schauspielern selbst geschriebenen. Marianne Hofmann, Rita Mengele und Anni Christ-Dahm zogen in ihrer Geschichte als heilige drei Könige pardon, Königinnen natürlich! echt weiblich maulend, streitend und diskutierend zur Krippe. Ob sich das Kind wohl über die Hanfblätter und Zigarettenschachtel mit der aufgeklebten Warnung vor dem tödlichen Inhalt, die billigen Goldkettchen aus der untersten Schublade und das gute »Röuchermönnchen ous döm Örzgebörge« für die selige Maria gefreut hat? Jedenfalls muss man sich nach einem solchen Besuch einfach aufregen über den Dreck im Stall und all die »Viecher«. Da eilt frau nach der Pflicht doch lieber schnell nach Hause, wo der Devisenberater wartet …

Wer Weihnachten einmal von der etwas anderen Seite betrachtet hat, erlebt das christliche Fest vielleicht bewusster. Denn zum Glück haben die Alzenauer Zuschauer trotz aller Komik und Groteske nicht den Glauben ans schöne Weihnachten verloren, wie der donnernde Applaus bewies. Vielleicht hängt ja aber nun eine Lichterkette weniger im Wohnzimmerfenster die Wachskerze tut s schließlich auch.

Susanne Link